Zugspitz Ultratrail (ZUT) am 14./15. Juni 2024
Als läuferisches Highlight für dieses Jahr, hatte ich mir mit meinem UTMB-erfahrenen Laufpartner Axel zusammen den Zugspitz Ultratrail (auch ZUT genannt) herausgesucht. Dies hatte mehrere Gründe. Wichtigster: Axel war ihn noch nicht gelaufen, weil ihm dieser immer als zu "laufbar" galt, mit zu wenig Trailanteil. Mir war es egal, warteten mit diesem Lauf doch gleich zwei Herausforderungen, die ich bisher noch nicht kannte. Zum einen ein Start mitten in der Nacht, um 22:15 Uhr, zum anderen die mit 5.000 angegebenen Höhenmeter, die sich dann letztlich aber sogar als 5.500 hm herausstellten. Nachdem ich beim letztjährigen Albtraum 100 kennenlernen durfte, wie sich über 3.000 hm in den Oberschenkeln anfühlen, hatte ich mein diesjähriges Training ein wenig mehr auf die Anzahl der Höhenmeter gelegt.
Der ZUT selber beinhaltet mehrere Läufe zwischen denen man sich entscheiden kann. Vom Grainau-Trail mit 16 km, über den Garmisch-Partenkirchen-, Mittenwald-, Leutasch- und Ehrwald-Trail hin zum 106 km langem Ultra-Trail. So dass sich insg. kanpp 4.000 Läufer auf den Wegen rund um die Zugspitze einen Tag lang auspowern können. Am Renntag selber kamen wir rund 3 Std. vor dem Start in Garmisch-Partenkirchen an und holten als erstes unsere Startunterlagen ab. Es war alles top organisiert und auch ein Verzehrgutschein fürs Abendessen an einem der vielen Stände war dabei. Anschließend ging es zurück zum Auto zum Fertigmachen. Für Axel war die Wahl klar, er läuft in kurzer Hose, für mich war es nicht klar. Noch war es mit 19 °C (auf einer Höhe von rund 700 m ü. N.N.) warm draußen aber es sollte in den nächsten Stunden ja noch bis in 2.190 m Höhe hinaufgehen und für Samstag-Mittag war Regen angekündigt. Nach langem hin und her, entschied ich mich für die lange Hose und packte in mein Dropbag, was man an VP5 deponieren lassen konnte, die kurze Hose. In meinen Laufrucksack passte diese nicht mehr mit hinein, dieser war aufgrund der umfangreichen Pflichtausrüstung bereits zum Bersten gefüllt. So waren u.a. Stirnlampe, Regenjacke, Handschuhe u. Mütze, Trinkbehälter für insg. 1,5 l, Handy und Notfallausrüstung Pflicht. Am Start wurden dazu auch Stichproben auf Vollständigkeit durchgeführt. Es wurde langsam dunkel und das Gebirgsmusikkorps der Bundeswehr spielte unermüdlich, bis wir dann mit "Highway to Hell" auf die Reise geschickt wurden. Die Müdigkeit des Tages war plötzlich wie verflogen, was auch gut so war, weil zu den 16 Std. auf den Beinen jetzt noch min. weitere 20 Std. folgen sollten. Jedenfalls war mein großes Ziel, die Ziellinie in einer Zeit < 20 Std. und damit 7 Std. vor Zielschluss zu überqueren. Die ersten 5 km ging es parallel zu den Bahnschienen relativ flach bis nach Grainau. Dort ging es dann ab in den Wald und es bildete sich ein kurzer Stau vor dem ersten Berghochstück, bis sich alle eingereiht hatten. Nun ging es für alle, aufgereiht wie an einer Perlenschnur, im leichten auf und ab immer berghoch bis zur V1 Eibsee. Nach kurzer Stärkung ging es auch unvermittelt weiter zur V2 Gamsalm. Axel drückte dabei ziemlich auf die Tube. Klar, er ist ja auch der absolute Bergläufer. Gut das er als einer der wenigen Läufer eine Stirnlampe hatte, die nach hinten rot blinkte, sonst hätte ich ihn im Dunkeln schon nach der V1 aus den Augen verloren. Aber er war ja so nett und lief auf den flachen Passagen immer etwas langsamer, damit ich ihn wieder einholen konnte. Nach Erreichen der V3 Pestkapelle, standen bereits 27 km u. 1.600 hm auf der Uhr. Ab jetzt ging es nur noch hinauf, bis auf den Wannigsattel mit 2.188 m, dem höchsten Punkt des Rennens. Auf dem Weg wieder herunter, zur V4 Hämmermoosalm, mussten wir einige Schneefelder überqueren. Eines war so groß und ging steil bergrunter, dass einige dort auf dem Popo herunterrutschten, andere wie beim Skifahren herunter glitten oder seitlich herunter hüpften. Jeder hatte seine eigene Technik. Und nachdem man sich daran gewöhnt hatte, im Stockdusteren über das Schneefeld hinab, machte es sogar Spaß. Mir hüpfte dabei vorne meine Trinkflasche aus dem Rucksack und sauste bergab. Gott sei Dank war Axel vor mir und konnte sie wieder auffangen. Auf dem weiteren Weg zur V4 wurde es langsam Tag und die Berge wurden in ein magisches Licht getaucht. Nach rund 7,5 Std. hatte ich dann die Marathondistanz in den Beinen, aber auch schon rund 2.800 hm. Ich war zwar nicht müde, aber schon ziemlich platt. Daher ließ ich Axel ziehen. Alleine lief ich aber keinesfalls weiter. Die gesamte Zeit des Rennens über waren immer Läufer vor und hinter mir. Belohnt für die Strapazen wurden wir u.a. mit einer grandiosen Sicht oben am Scharnitzjoch das Tal hinunter in Richtung V5 Hubertushof. Dort angekommen holte ich meinen Dropbag. Da ich aber bisher so gut mit der langen Hose klarkam und der Regen ja noch bevorstand, wechselte ich lediglich mein Oberteil aus und cremte an entsprechend reibungsgefährdeten Stellen ein wenig nach. Die Kartoffelsuppe die es dort u.a. im Angebot gab, war zu dieser Zeit hervorragend. Es kam mir vor, als ob es schon Mittag wäre, dabei war es gerade mal kurz vor 8 Uhr. Da ich Axel nicht entdecken konnte, obwohl ich ihn hätte zumindest am Anfang noch sehen müssen, lief ich anschließend frisch gestärkt alleine weiter zum V6 Schützenhaus Mittenwald. Jetzt kam meine große Stunde im Rennen. Die Strecke dorthin verlief fast flach, was ja absolut mein Metier ist. Mit einer schnellen 5er Pace lief ich die nächsten 10 km und überholte dabei Läufer um Läufer. Am V6 sah ich gerade noch Axel bevor er weiterlief. Nach kurzer Stärkung, ging es auch von da zur V7 Schloss Elmau die nächsten 8,5 km mit nur 200 hm sehr leicht bergauf. Auch hier konnte ich wieder ordentlich Gas geben und überholte auch bald Axel. 12 Std. u. 15 Min. hatte ich bis hier dann für die 72 km gebraucht. Da waren die ersten drei Spitzenläufer bereits im Ziel. Seid V5 hatte ich meine Stöcke wieder verpackt, welche mir bis dahin super Dienste erwiesen hatten. Ohne diese hätte ich die Strecke bis dahin gar nicht bewältigen können. Einmal auf dem Weg hatte es mich dann aber doch geschmissen und dass noch nicht mal im alpinen Gelände, sondern quasi auf ebener Strecke, über ein kleines Steinchen. Von V7 zu V8 Laubhütte ging es aber wieder mehr hoch, so dass ich die Stöcke wieder auspackte. Ab V8 jedoch war der Spaß für mich vorbei. Zum einen fing es jetzt an kontinuierlich leicht zu regnen. Zum andern, zur V9 Hochalm, der Name war Programm, ging es nun rund 800 hm am Stück hinauf, auf nur 5 km verteilt. An laufen war absolut nicht mehr zu denken. Im langsamen Wanderschritt schob ich mich auf die Stöcke gestützt, Serpentine um Serpentine nach oben. Oben schienen uns ganze Fanmassen zu erwarten, denn die Anfeuerungsrufe und die Musik schallte die gesamte Zeit über unaufhörlich nach unten. Immer wieder schaute ich mich fast ängstlich um, in Erwartung jederzeit von Axel im lockeren Laufschritt überholt zu werden, so langsam war ich (gefühlt) unterwegs. Leider war das Bergauf auch an der V9 noch nicht zu Ende. Es mussten immer noch schier endlose Meter auf breiter Schotterpiste nach oben gewandert werden. Dann aber, nachdem man nochmal auf über 2.000 m hinauf war, ging es wieder herunter. Und zwar über 1.300 hm am Stück, über die V10 Garmischer Haus bis zum Ziel. Eigentlich toll, sollte man denken, weil das Bergauf ja zum Schluss keinen Spaß mehr machte. Aber Pustekuchen, die Oberschenkel brüllten mich an und meinten lass den Sch... u. lauf lieber wieder hoch. Ging aber nicht. Also hinunterquälen und das dazu noch lange Zeit auf kleinen extrem steinigen Single-Trails, so dass man extrem Obacht geben musste wo man hintrat. Weiterhin kamen jetzt noch die schnellen Läufer der anderen Läufe über die Strecke, so dass man ständig an die Seite ausweichen musste. Motivierend war das Überholt werden natürlich nicht sonderlich. In einer Mischung aus Nebel und Regensuppe kam ich an der V10 an. Von dort aus ging es dann die letzten 5 km bergab und anschließend nochmal, wieder gut für mich, auf gerade Strecke zwei km bis ins Ziel. Schließlich lief ich nach 18 Std. und 34 Min. als insgesamt 154. ins Ziel. In meiner Altersklasse wurde ich 48., wobei es auch nur insg. 4 verschiedene Altersklassen gab. Mit dieser super Zeit hatte ich mein selbstgestecktes Ziel deutlich unterboten. Und wenn man dann noch bedenkt, dass von den 674 gestarteten Ultra-trailern über 113 es nicht ins Ziel geschafft bzw. vorher aufgegeben haben, und auch nur 261 unter 20 Std. ins Ziel gekommen sind und der große Rest erst danach, dann kann ich mich umso mehr noch über diese Zeit freuen. Axel kam schließlich auch nur 13 Min. hinter mir ins Ziel. Abends im Hotel haben wir beide geschlafen wie ein Stein. Die Organisation des Laufs war echt vorbildlich. Den Track auf der Uhr habe ich zu keiner Zeit gebraucht. Ich habe noch nie eine so vorbildlich ausgeschilderte und markierte Strecke gesehen. Verlaufen war echt unmöglich. Auch die Essens- und Getränkeauswahl an den VPs war gigantisch und stand einem Hotel-Buffet in nichts nach. Interessanter Fakt am Rande, über die gesamte Strecke hinweg habe ich rund 7 l Flüssigkeit zu mir genommen und dabei war es noch nicht mal richtig warm draußen. Und als kurzzeitiges Andenken für die nächsten 3-4 Tage, war das herunter laufen von Treppen nur rückwärts möglich. Insgesamt wieder ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.