Erfolgreicher Neckarlauf über 377 Kilometer in 7 Tagen

  07.09.2020

Aufgrund der Corona Pandemie sind offizielle Laufveranstaltungen weiterhin sehr rar. Die Hygiene Vorgaben zur Durchführung von Wettkämpfen sind sehr umfangreich und nur mit teilweise hohem organisatorischen Aufwand einzuhalten. Nicht zuletzt benötigt man auch eine entsprechende Infrastruktur. Bei deutlich eingeschränkter Anzahl an möglichen Teilnehmern, können sich das nur ganz wenige Veranstalter leisten. Die Absagenflut geht zieht sich mittlerweile bis zum Jahresende hin. Doch es gibt auch kleinere Veranstaltungen, die schon von vornhinein mit einer verhältnismäßig kleineren Anzahl an Teilnehmern kalkulieren. Dazu zählen die Extrem-Läufe. Läufe über Distanzen die nur von wenigen Athleten gemeistert werden können.  Dazu gehört auch der 1. Neckarlauf, der vom 30. August bis 05. September durchgeführt wurde.
er Neckarlauf war eine Laufveranstaltung in 7 Tagesetappen mit Start am  30. August direkt an der Neckarquelle in Villingen-Schwenningen und dem Ziel am 05. September in Mannheim ein paar Kilometer nach der Mündung des Neckars in den Rhein. Die Gesamtstrecke betrug 377 Kilometer. Die einzelnen Etappenstandorte waren Villingen-Schwenningen, Sulz am Neckar,  Tübingen, Lichtenwald, Besigheim, Gundelsheim, Neckargmünd und Mannheim-Sandhofen. Die längste Etappe hatte etwas über 68 km, die Kürzeste knapp 47km, im Durchschnitt ergaben sich 54km pro Etappe.

Insgesamt waren 59 Ultra-Läufer*innen im Alter zwischen 22 und 80 Jahren am Start. Darunter auch Teilnehmer aus Japan, Niederlande und Österreich. Im Teilnehmerfeld befanden sich zahlreiche der erfahrensten Ultra-Distanz-Läufer Deutschlands, die auch schon an Etappenläufen durch ganz Europa teilgenommen hatten. Vom LIWA-LaufTreff waren Armin Storz und Kalle Dravec auf der Starterliste. Das Besondere an solchen Etappenläufen ist das Nomadenleben. Der komplette Tross mit allen Läufern, Organisatoren, Betreuern, Helfern, sonstigen Beteiligten inkl. dem ganzen Gepäck und der Verpflegung für rund 80 Personen, bewegt sich täglich an einen anderen Zielort, um sich dort wiederum nur für eine Nacht niederzulassen. Genächtigt wird dann in mehr oder weniger komfortablen Sporthallen oder in Zelten auf der Wiese. Wecken um 5 Uhr, Frühstück vorbereiten, die Läufer um 7 Uhr auf die Etappe schicken, die Strecke vormarkieren und Verpflegungspunkte organisieren, alles zusammenpacken, Halle/Platz sauber an den Eigentümer übergeben, zum neuen Zielort fahren, dazwischen frische Nahrungsmittel einkaufen, alles ausladen, Hygienemaßnahmen umsetzen,  Zieleinlauf vorbereiten, Essen und Trinken vorbereiten, Ergebnislisten pflegen, ab 21 Uhr zur Bettruhe mahnen, und, und, und... 7 Tage und 7 Nächte lange nach dem  Motto run – eat – sleep – repeat. Für die Organisatoren ein enormer logistischer Aufwand, für die Teilnehmer eine Woche Abenteuer.
Der Veranstalter hatte mit einem umfassenden Hygiene- und Müllentsorgungskonzept dafür gesorgt, dass der Lauf von allen Ämtern und Stadtverwaltungen genehmigt wurde und somit in offiziellem Rahmen stattfinden konnte.

Am Sonntag, den 30.08., wurde das Teilnehmerfeld etwas verspätet um 7:15 Uhr direkt an der Neckarquelle, nach einer kurzen Begrüßungsrede durch eine Stadträtin der Stadt Villingen-Schwenningen, auf die „Tour de Ländle“ verabschiedet. Und los ging´s, flussabwärts und überwiegend auf dem Neckarradweg entlang. Die ersten 3 Lauftage waren begleitet von teilweise wolkenbruchartigen Regenfällen. Schon von der ersten Minute an, lief man praktisch in nassen Klamotten, die während dieser Zeit und durch die wechselnden Unterkünfte kaum mehr so richtig trocken zu bekommen waren. Die beiden Lichtenwalder Läufer sortierten sich von Beginn an in der Spitzengruppe ein. Kalle konnte sich schon auf den ersten beiden Etappen gegen die im Durchschnitt weit über 20 Jahre jüngeren Konkurrenten durchsetzen und sicherte die ersten beiden Tagessiege. Armin konnte den Anschluss halten und belegte die Plätze 6 und 7. Auf der 3. Etappe von Tübingen nach Lichtenwald, gesellten sich noch Tamara Frey und Leander Schade vom LIWA-LaufTreff als Tages-Etappenläufer über die knapp 53 Kilometer dazu. Obwohl Lichtenwald nicht unmittelbar am Neckar liegt, wurde der Ort als Etappenziel mit eingeplant. Lichtenwald war schon 2017 und auch 2019 Gastgeber einer Etappe bei den Deutschlandläufen und genießt ein hohes Ansehen unter den Läufern.  Da die Gemeindeverwaltung die Halle auch für den diesjährigen Neckarlauf zur Verfügung stellte, nahm man den kleinen Umweg und inklusive den kräftezehrenden Anstieg, den Heuberg hoch, in Kauf. Besonders herzlich war dann natürlich auch der Empfang der Läufer an der Sporthalle „dohoim“, wo zahlreiche Mitglieder des Lauftreffs trotz des schlechten Wetters für einen stimmungsvollen Empfang sorgten. Als Kalle dann auch hier als Erster über die Zielmatte lief,  war die Freude entsprechend groß. Richtig stark waren auch Armin und Tami unterwegs, die gemeinsam als 7. ins Ziel einliefen. Leander rundete den „Lichtenwalder Tag“ perfekt ab, indem es auch noch in die Top 10 der Tageswertung schaffte.
Tags darauf sollte die längste Etappe von Lichtenwald bis nach Besigheim anstehen. 68 Kilometer. Die erfahrenen Etappenläufer wissen es nur zu gut, dass die ersten körperlichen Probleme mit dem dritten Tag beginnen. So auch beim Neckarlauf. Von den 59 in Villingen-Schwenningen gestarteten Teilnehmern, gingen hier nur noch 52 an den Start und so mancher bis dahin aufstrebender Stern musste dem eingeschlagenen Tempo der letzten Tage kräftig Tribut zollen. Trotz der längsten Distanz und mittlerweile fast wieder sommerlichen Temperaturen war es das knappste aller Rennen. Am Ende gewann Kalle auch diese Etappe mit knappen 2 Minuten Vorsprung auf die beiden ersten Verfolger. Mit diesem 4. Tagessieg in Folge baute er seinen Vorsprung in der Gesamtwertung nach etwas mehr als der Hälfte des Rennens auf fast 1 Stunde aus. Auch Armin war weiterhin in einer ausgezeichneten Form und schob sich auf Rang 5 der Gesamtwertung vor.

Auf den beiden folgenden Etappen ging es im Prinzip nur flach und geradeaus. Nur die letzten 4 Kilometer der 6. Etappe hatten nochmal 200 Höhenmeter im Profil. Dafür waren Ziel und Camp auf einer satten grünen Wiese irgendwo im Nirgendwo. Aber auch hier war von Duschen über Toiletten bis hin zu gekühlten Getränken und warmen Essen alles bestens organisiert und vorbereitet, sodass die Läufer schnell mit dem Aufbau des Nachtlagers und ihren sehr individuellen Regenerationsritualen beginnen konnten.
Langeweile verbreitetet im Prinzip nur Kalle. Der lies den anderen einfach keine Chance und dominierte auch auf diesen beiden Tagesabschnitten. Doch auf den Platzierungen dahinter waren noch Verschiebungen möglich, sodass sich doch noch ein wenig Wettkampffeeling auf der finalen Etappe bis nach Mannheim verbreitete. Bei nahezu idealen Laufbedingungen begab sich der Tross ein letztes Mal auf den Weg. Über Heidelberg kam man nach fast 35 Kilometern vor den Toren von Mannheim an. Es folgten ewig lange Kilometer nur geradeaus. Irgendwann läuft man dann an eine Stelle an der ein völlig unspektakuläres Schild den Hinweis darauf gibt, dass hier der Neckar in den Rhein mündet. Ok, gesehen und weiterlaufen. Das Ziel war noch gute 6 km entfernt im Stadtteil Sandhofen. Trotz der Platzierungskämpfe im Verfolgerfeld, lief Kalle auch bei der  7. Etappe ungefährdet als Erster ins Ziel und untermauerte damit seine aktuell überragende Form. Armin lief als 8 Platzierter des Tages ins Ziel und schob sich damit sogar noch auf Rang 4. der Gesamtwertung vor. Eine tolle Bilanz der beiden LIWA-Ultra-Läufer!

Am Ende zählt die Gesamtwertung 48 stolze Finisher. 10 Frauen und 38 Männer haben die gesamten 377 Kilometer von der Neckar Quelle bis zur Mündung und etwas darüber hinaus erfolgreich bewältigt. Da gebührt jedem einzelnen allergrößten Respekt!
Es ist schon abenteuerlich was an einem Etappenlauf so abgeht, nicht nur organisatorisch sondern auch physisch und psychisch. Es gehört eine enorme Willensstärke dazu um so etwas unter Wettkampfbedingungen durchzuziehen. Aber es ist nicht unmöglich. Man macht Erfahrungen für Körper, Geist und Seele, man macht tolle Bekanntschaften und erlebt Situationen an die man sich noch eine (ultra-) lange Zeit sehr gerne zurück erinnert.  

Die Gesamtwertung: 1. Karlheinz Dravec (56, TSV Lichtenwald) 35:26 Stunden; 2. Michael Keine (49, Nordheim) 37:42 Std.; 3. Frank Reichl (37, LV Deggendorf) 37:46 Std.; 4. Armin Storz (60, TSV Lichtenwald) 39:46 Std.; 5. Dominic Henzler (32, TB Neuffen) 40:00 Std.

Die Gesamtliste und Ergebnisse der einzelnen Tagesetappen können im Internet unter http://www.neckarlauf.com/ergebnisse nachgelesen werden.

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