Mein 500. Ultra/Marathon

Ulli Tomaschweski aus Crailsheim

Wann und wo bist du deinen ersten Marathon gelaufen?
Meinen ersten Marathon lief ich am 30.05.1999 beim Schönbuch Marathon in Leinfelden. Diesen Marathon gibt es leider nicht mehr. Es war eine Wendepunktstrecke, die erste Hälfte mehr bergab und die zweite das ganze wieder hinauf. Da hatte ich mich total verkalkuliert und bin an der Wendemarke mit 1:45:00 durch. Voller Euphorie hatte ich dann schon im Kopf meinen ersten Marathon deutlich unter 4 Stunden zu finishen. Aber es kam ganz anders. Ab km 25 machte sich mein Magen-/Darmtrakt bemerkbar und es ging mir hundeelend. In dieser Phase tauchte ein Läufer neben mir auf der seine Sonntagslaufrunde lief. Er war total begeistert dass ich einen Marathon laufe und gab mir positive Energie. Nach 5km bog er ab und ich trottete alleine weiter. Das Ziel erreichte ich unter großen Schmerzen in 4:08:45. Daraus lernte ich ein Marathon verzeiht keine Fehler. Neben einer guten Vorbereitung gehört auch  eine angepasste Renneinteilung. 

Bei welchem Marathon hast du bisher am häufigsten teilgenommen?  Wie oft?
Am häufigsten Teilgenommen habe ich am Comrades Marathon in Südafrika. Der Comrades hat je nach Laufrichtung zwischen 86km bis 90km. Ich habe 15mal teilgenommen und dabei 11mal das Ziel erreicht. Es sind 25.000 Teilnehmer bei einem Zeitlimit von 12 Stunden. Auf der Laufstrecke gibt es 5 weitere Cut-Offs die auf die Sekunde genau eingehalten werden. Wer 10mal finished bekommt eine „Green Number“;  eine grüne Startnummer. Das haben bisher 7 deutsche Läufer erreicht. Für den Lauf muss man sich qualifizieren, aktuell mit einer Marathonzeit unter 4:50:00. Die Anmeldung zu dem Lauf ist innerhalb von wenigen Tagen ausgebucht. Ganz Südafrika will dort mitlaufen. Der Lauf wird über einen Zeitraum von mehr als 12 Stunden live im TV übertragen. Die Hälfte der Finisher kommt in der letzten Stunde ins Ziel, die letzten Sekunden sind dramatisch denn nach 12 Stunden wird das Ziel geschlossen. Auch wenn der Läufer sich nur einen Meter vor dem Ziel befindet, es ist nach 12 Stunden vorbei. Das ist unglaublich, entspricht aber dem südafrikanischen Verständnis der Sportregeln. Am nächsten Tag geht man stolz mit seiner Medaille durch Durban und viele Südafrikaner gratulieren zum Finish. Es ist nicht die Zeit entscheidend, sondern das Ankommen. Übrigens erst wer den Comrades erfolgreich beendet hat ist für einen Südafrikaner ein Marathonläufer.

In wie vielen Ländern und Kontinenten bist du schon gelaufen?
In Deutschland bin ich schon in 14 von 16 Bundesländern gelaufen. Die fehlenden 2, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, habe ich auf dem Radar. In Europa lief ich in 17 Ländern, in Afrika war ich in Algerien bei einem Wüstenmarathon und in Südafrika zum Two Ocean, Comrades und dem Pen Insula Marathon. In Amerika lief ich beim Havanna Marathon auf Cuba sowie in Las Vegas, Minneapolis, Washington D.C., Boston, Chicago und New York. In Asien war ich beim Tokyo Marathon erfolgreich. Es fehlt mir noch Australien als Kontinent  

Wohin hat dich deine bisher weiteste Marathon Reise geführt?
Kapstadt in Südafrika und Tokyo in Japan sind von der Reisezeit und Entfernung sehr ähnlich. Somit sind diese beiden Städte meine weiteste Laufreise.

Welcher Lauf war der abenteuerlichste?
Ich würde das eher unter dem Aspekt „sonderlich“ sehen, da meine Laufreisen meist gut organisiert sind. Als ich 2002 den Sahara Marathon lief und eine Woche in einem Beduinenzelt in der Wüste lebte war das schon faszinierend. In Dresen lief ich 2005 den Marathon beim Parkhauslauf und nachts sah ich vom Dachgeschoss aus das Feuerwerk direkt an der Elbe im Rahmen des Konzertes von Roland Kaiser. Dabei hatte ich noch ein paar runden das Parkhaus rauf und runter zu laufen. Etwas skurril war 2016 der Hallenmarathon in Senftenberg. Samstag ab 18:00 Uhr den Nachtmarathon und Sonntag um 8:00 Uhr den Morgenmarathon. Jeweils 168 Runden auf einer 250 Meter Tartanbahn in einer Sporthalle. Es war Januar, draußen lag Schnee und ich lief in kurzen Hosen und T-Shirt. Alle 250 Meter passierte ich die Verpflegungsstelle! Kurz darauf im Februar lief ich den Kristallmarathon in Merkes. Es geht 500 Meter tief hinunter in das Bergwerk und warme 21 Grad erwarten einen dort. Die Fahrt im Aufzug ist schon abenteuerlich, die anschließende Fahrt auf der LKW-Pritsche zum Start ein weiteres Erlebnis. Die Decke kommt einem so nahe vor, das man ständig um seinen Kopf bangt. Mit Helm und Lampe als Pflichtausrüstung geht es auf die Marathonstrecke. 2014 lief ich den MEDOC Marathon. Als Weinfreund und Marathonläufer ist dieser Lauf ein wundervolles Erlebnis. Der Lauf und das Rahmenprogramm sind grandios. Die Franzosen verstehen was vom guten Essen und Trinken. Die einzelnen Chateaus sind mit den dazugehörigen Parkanlagen ein besonderes Highlight.  

Auf welche Medaille bist du besonders stolz?
Als ich 2014 bei meinem 10ten Finish vom Comrades offiziell unmittelbar nach dem Zieleinlauf meine „Green Number“ überreicht bekommen habe war das mein freudigster Moment als Läufer.
2020 konnte ich die die „Marathon Major Serie“ abschließen. Die begann 2007 in Boston, 2011 folgte Berlin, 2012 Chicago, 2016 London und 2019 Tokyo und als Abschluss New York. Die Marathon Major Medaille ist für mich auch etwas Besonderes.

Welches war aus deiner Sicht der bisher schönste Lauf?
Bei der Anzahl von Läufen ist es nicht einfach den schönsten Lauf ausfindig zu machen, da jeder Lauf seine Besonderheiten und Erlebnisse hat. Es ist ja nicht nur die Laufstrecke, sondern häufig gibt es auch Begegnungen die einem in der Erinnerung bleiben. Gerne erinnere ich mich an den Two Ocean Marathon zurück. Das sind 56km Lauftrecke von denen mir der Abschnitt hoch zu Chapmans Peak besonders in Erinnerung bleibt. Rechts von der Straße der Berg und links der Blick auf den Ozean. Das bei herrlichem südafrikanischem Aprilwetter ist atemberaubend, auch wenn es bis Chapmans Peak bergauf geht.  

Bevorzugst du mehr Stadt Marathons oder eher Landschaftsläufe?
Da habe ich keine Prioritäten. Bei Stadt Marathons lässt sich das mit Stadtbummel, Theater, Musical und anderen Aktivitäten verbinden. Bei Landschaftsläufen genieße ich die Natur und die kleinen Örtchen welche an der Laufstrecke liegen. 

Welchen Marathon sollte man unbedingt mal gelaufen sein?
Der Two Ocean sowie der Comrades in Südafrika sind Wahnsinnerlebnisse. Beim Köln Marathon erlebt man die rheinische Karnevalsstimmung schon im Oktober und der Monschau Marathon als Marathon oder Ultra ist ein herrlicher Landschaftslauf.

Welche Läufe stehen noch auf deiner Marathon Bucket-Liste?
Mein Lauf-Lebensziel sind 500 Marathons. In jedem Bundesland, auf jeden Kontinent und in mindestens 30 Länder gelaufen zu sein. Die 500 Marathons plane ich beim Lichtenwalder Laufevent zu erreichen. Somit fehlt mit dann noch Australien als Kontinent, zwei Bundesländer und noch 8 Länder. Andererseits habe ich mir als Lebensziel 500 Marathon vorgenommen. Somit ist alles was nach dem 19.04.2020 gelaufen wird eine Zugabe. Geplante größere Läufe für 2020 ist der Comrades im Juni, der MUM ein Etappenlauf in Tschechien mit 7 Etappen mit jeweils 43km im Juli sowie der Neckarlauf mit 7 Etappen und 394km Gesamtlänge im September. Davor und danach gibt es noch den einen und anderen Marathon und Ultra.

Wie vereinbarst Du solche Laufaktivitäten mit Familie und Beruf?
Nach mehr als 40 Jahren Berufstätigkeit bin ich seit Anfang 2020 im Ruhestand. Nach meinem Studium habe ich bei einem süddeutschen Konzern begonnen und dort so etwas wie Karriere gemacht. Damit einhergehend kam es zu längeren Arbeitszeiten und hohe Reisetätigkeiten. Das Laufen so merkte ich tat mir gut und gab mir zu der beruflichen Anspannung einen Ausgleich. Meine Frau hat mich in allen Jahren gut unterstützt. Sie hat sich um  unsere Kinder gekümmert und meine meist beruflichen Abwesenheiten ausgeglichen. Marathonreisen zu attraktiven Zielen haben wir gemeinsam unternommen, auch häufig mit unseren Kindern. Ich fehlte dann an einem Vormittag wegen dem Marathon. Die restliche Reisezeit waren wir zusammen und haben vieles von der Welt gesehen. Marathonlaufen erfordert viel Disziplin so wie auch eine verantwortungsvolle Aufgabe in einem Unternehmen. Da ich anscheinend diese Eigenschaft habe haben sich das Marathonlaufen und meine Managerqualitäten ergänzt.      

Marathon Fotos von Ulli